Shoot Out in Milestone Town
Bis hierher war er gekommen, immer auf der
Spur des Outlaw, der vor vielen Jahren die Ranch seiner Eltern überfallen und
nur Tote hinterlassen hatte. Nur er war mit dem Leben davongekommen, da er sich
zur Zeit des Überfalls auf einer Weide befunden hatte.
Die
kleine Ansiedlung, auf dem Schild vor der Mainstreet stand: Milestone Town, 160
Einwohner, am Sonntag 400, machte einen verlassenen Eindruck, nur das Schild
über dem Büro des Sheriffs schaukelte mit einem nervenzerfetzenden Quietschen
über der halbzerfallenden Veranda. Aus der Schwingtür des daneben befindlichen
Saloons klang das kratzende Klimpern eines Klaviers.
Er
richtete sich im Sattel auf und schaute sich um. Nach dem Tod seiner Eltern
hatte er die Ranch seiner Eltern verkauft und war in die Stadt gezogen. Dort
hatte er sich den US-Marshalls angeschlossen und heute war er einer von ihnen,
großgewachsen und kräftig, dennoch beweglich wie eine Katze und einer der
schnellsten Schützen im Staate Texas.
Er
zügelte sein Pferd, sprang mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem Sattel und
band sein Pferd vor dem mit brackigem Wasser gefüllten Trog an. Langsam stieg
er die Stufen zur Schwingtür des Saloons empor. Neben dem Eingang saß auf der
Veranda in einem Schaukelstuhl ein alter Mann. Den breitrandigen Hut hatte er
über sein Gesicht gezogen und lange weiße Haare lugten darunter hervor. Gerade
wollte Tom die Saloontür aufstoßen, als er eine tiefe Stimme vernahm, die ihm
irgendwie vertraut schien: „Sei vorsichtig, er ist da!“ Er fuhr herum, aber der
alte Mann, den Hut noch immer auf dem Gesicht, rührte sich nicht.
Er
drückte die Tür auf und trat ein. Dort saß er, das Ziel seiner Rache, ganz in
Schwarz gekleidet, wandte ihm den Rücken zu und nippte an seinem Whisky. Tom
schlug seinen Staubmantel nach hinten und lockerte seine Colts. Der Mann an
seinem Tisch drehte sich ganz langsam um und sah ihn aus seinen dunklen,
unergründlich scheinenden Augen an. „Sollten wir uns kennen? Was willst du von mir
und wer bist du?“ Tom stieß hervor: „Du hast meine Eltern auf dem Gewissen und
ich bin hier, um dir zu geben, was du dafür verdienst, den Tod!“
Sein
Gegenüber lächelte ihn böse an und erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung.
„Wenn du willst, dann tragen wir es jetzt aus!“ In seinen schwarzen Augen glimmte
urplötzlich ein höllisch rotes Licht auf, welches Tom eine Gänsehaut über den
Rücken trieb. Wer stand ihm da gegenüber? Sie traten hinaus auf die Mainstreet.
Die Sonne war hinter dichten schwarzen Wolken verschwunden und ein kalter Wind
trieb abgebrochene Zweige durch den Staub.
Tom wandte sich dem Gegner zu und sagte mit
gepresster Stimme: „Nun lass es uns zu Ende bringen.“ Er lockerte sich und wie
der Blitz schossen seine Hände zu seinen Colts hinab. Er wollte gerade schießen,
als er von einer unbekannten Kraft zur Seite gestoßen wurde und die Schüsse
seines Gegenübers gingen fehl. Er zog durch und traf. Der schwarze Mann wurde in
der Brust getroffen, herumgerissen und fiel zu Boden. Wer hatte ihm das Leben
gerettet? Der alte Mann auf der Veranda hatte seinen Hut ins Genick geschoben
und sah ihn an. Tom glaubte, seinen Vater zu erblicken und rannte auf ihn zu,
jedoch der Alte verschwand spurlos aus seinem Schaukelstuhl.
Hatte
ihn sein Vater gewarnt und letztendlich durch einen Stoss sein Leben gerettet? Er wusste es
nicht. Unter dem im Staub liegenden Mann öffnete sich plötzlich ein roter
Spalt, Flammen schlugen daraus empor und die Gestalt war urplötzlich verschwunden. Das Böse war fort.
Alles
war wie vorher. Die Sonne schien wieder und der kalte Wind war eingeschlafen.
Die ersten Bewohner des kleinen Ortes tauchten auf, umringten ihn und er hörte
die Worte: „Danke, Fremder, dass du das Böse aus unserem Ort vertrieben hast.
© Rolf Glöckner